Aus Angst vor Zurückweisung der eigenen Wähler, verhindert Populisten, dass unangenehme Wahrheiten als solche wahrgenommen werden. Doch anders als bei Apollo und Kassandra verfluchen Populisten nicht die Zurückweisenden. Sie verfluchen diejenigen, die die Wahrheit aussprechen und beten, dass sie nicht gehört wird. Hierzu lullen sie die Wähler mit einfachen Wahrheiten und dem Versprechen einer mühelos Zukunft in Wohlstand und Sicherheit ein. Sie müssen nur die richtige Partei wählen.
Zur Zeit ist das die CDU, erklärt Friedrich März. Zur Mär von Merz gehört dabei auch das wohl gewählte Wort „Hauptgegner“. Tatsächlich sind die Grünen das größte Problem für eine Partei, die darauf setzt über Eingelulle Wählerstimmen zu bekommen. Denn was passiert, wenn die Wähler informiert und logischen Argumenten gegenüber aufgeschlossen sind? Was wenn die Wähler begreifen, dass die wissenschaftlichen Studien zur Klimaentwicklung eine klare Richtung aufzeigen: wir müssen unser Verhalten ändern oder es geht schief? Um das zu begreifen, muss man kein Akademiker sein.
Allerdings haben genau wie die Wähler der CDU/CSU, auch die Wähler der FDP tendenziell ein höheres Bildungsniveau. Beide Parteien müssen also bangen, wenn eine Partei Menschen anspricht, in dem sie logische Konsequenzen aus Fakten fordert.
Beide Parteien müssen bangen, dass Teile ihre Wähle über den rechten Rand hüpfen. Weil beide Parteien seit Jahrzehnten den leicht rechten Populismus dulden und bedienen, nehmen Teile ihre Wähler die AfD als Alternative für Deutschland war. Aus populistischer Sicht ist es logisch, dass die CDU nicht die FDP zum Hauptgegner erklärt obwohl ihre Wähler sich überschneiden. Die Grünen sind als Hauptgegner benannt, weil sie eine echte Gefahr sind. Grüne Wähler sind weit weniger über das populistische Repertoire motivierbar. Sie Unterscheiden sich von Merz und Linder und deren Strategien, weil sie von Idealen und Fakten geleitet werden. Wer außer dem verzweifelten festhalten am Status Quo keine Perspektive bietet will, muss die demokratische Alternative, die das kann fürchten. Es bleibt den Populisten nur die Verunglimpfung der Grünen. So schaden sie euphorisch, im schrägen Chor gemeinsam mit AfD und Bündnis Sarah Wagenknecht, der Demokratie.
Nun ist die Idee aberwitzig, dass Grüne Stammwähler zur CDU wechseln auch wenn diese erfolgreich an der Dekonstruktion der Partei arbeitet. Glauben die Christdemokraten an den verloren Sohn, der zurückkehrt in die sorgenfreie Zukunftswelt des barmherzigen Friedrich Merz. Das Ziel der CDU ist es zu verhindern, dass die wankelmütigen Wähler von AfD und BSW ihre Stimme den Grünen geben und ihrer eigenen Wähler zu viel nachdenken.
Merz sollte es um den politischen Diskurs gehen und so will er wenigstens die Form wahren. Doch diesem Diskurs kann und will er sich nicht stellen, weil die Faktenlage Einschränkungen erfordert. Die Angst Wähler zu verlieren lässt ihn tief in die Trickkiste der Populisten greifen. Wenn man den Kontext genau betrachtet sind die Grünen als „Hauptgegner“ kein Gegner sind und schon garnicht der Hauptgegner. Leise im Nebensatz benennt er die AfD als die Feinde der Demokratie. Doch was hängen bleib ist der Hauptgegner. So führt März die Demokratie ad absurdum. Er suggeriert mehr Verständnis für AfD-Positionen als für die Argumente der Grünen.
Anders als bei Kassandra, deren Weissagungen man nicht glaubt, bewirkt der Fluch des Populismus mehr. Er schürt hass. Die von der CDU hoch geschätzte Wählerschaft am rechten Rand reagiert gut auf den merzschen Populismus. Schon nach kürzester Zeit stellt sich der Erfolg ein: Plakate wie „Grüne und Grün-Wähler werden bei uns nicht mehr bedient“, „Hängt sie auf!“-Rufe oder Menschen, die in Habeck-Verkleidung in Käfigen durch Festsäle gezogen werden! Dumme Bauern lassen sich dazu Neuauflagen von Naziparolen hinreißen. Aus „Kauft nicht bei Juden“ wird eine traurige Variante von „Bedient keine Grünen“.
Wir können uns nicht erlauben die CDU als demokratische Partei zu verlieren. Wir müssen im Diskurs bleiben. Das ist eine unangenehme Wahrheit. Wir alle kennen viele unangenehme Wahrheiten. Die Grünen benennen sie. Nur so kann man sie lösen. Ich bin ein Grüner!
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